USA – Julia

Ein Jahr USA – die Erfahrung fürs Leben!

Aufgeregt  fuhr ich in den frühen Morgenstunden des 21.August letzten Jahres zum Flughafen Düsseldorf.  Ich war auf dem Weg nach Amerika, wo ich die nächsten zehn Monate meines Lebens verbringen würde. Doch realisiert hatte ich das an diesem Morgen alles noch gar nicht! Der Abschied von meiner Familie und Freunden, war nicht leicht gefallen und ging viel zu schnell, der  Schritt durch das Gate, dafür umso langsamer. Ein letztes Mal umdrehen und los ging die große Reise in eine noch unbekannte Kultur, die ich gerne kennen lernen wollte!

Am Flughafen Philadelphia wurde ich vom Advisor of Admissions meiner Schule abgeholt, der mich nach New Hope fuhr – einem ca. 2.000-Seelen-Örtchen, das mit dem Auto ungefähr 5 Minuten von meinem Internat entfernt lag. Das Internat lag mitten im Grünen, umgeben von Feldern und Wäldern – eine Privatschule mit riesigen Sportanlagen und wirklich schönem Campus. Die Schule wurde von ca. 210 Schülern, sowohl  Internatsschülern als auch Tagesschülern besucht.

Nach den letzten zwei Ferienwochen bei meiner amerikanischen Gastfamilie, zog ich dann ins Internat und teilte mir von nun an ein ca. 4×5 m großes Zimmer mit einem amerikanischen Mädchen. Nach zahlreichen Informationsveranstaltungen war ich erst einmal überwältigt von all den Regeln und Vorschriften, die von nun an eingehalten werden mussten und mein Leben bedeutend beeinflussen würden. Der Tagesablauf war von Montag bis Freitag von morgens bis abends fest eingeteilt. Der Unterricht begann regelmäßig um 8 Uhr und endete selten vor 15.15 Uhr. Pausen gab es nicht, dafür jedoch eine halbe Stunde Mittagessen. Nach der Schule begannen um 15.30 Uhr die “activities”, wobei man hier je nach Semester  entweder eine Sportart oder eine geistige Freizeitbeschäftigung wählen konnte. Doch diese activities waren Pflicht und zählten genauso zum normalen Schulablauf wie der tägliche Unterricht.  Selten  kam ich vor 17.30 Uhr auf mein Zimmer zurück. Von 18-18.30 Uhr gab es dann Dinner in der dininghall. Weiter ging es mit einer „Pflicht-Studyhall“ von 19-21 Uhr, bei der man sich auf seinem Zimmer befinden und lernen musste. Vorher musste man pünktlich bei seinen „dormparents“, den Betreuern, eingecheckt haben, denn sonst wurden die 1 ½ Stunden Freizeit, die man in der Zeit von 21-22.30 Uhr hatte, gestrichen. Man musste den Rest des Abends auf seinem Zimmer verbringen und durfte keinen Besuch empfangen. Um 22.30 Uhr  war „check-in-time“ für die Nacht und gegen 23 Uhr war „lights out“! Dann durfte weder gelesen, am Computer gearbeitet, leise Musik gehört noch gelernt werden. Es sei denn man hatte rechtzeitig bis 21.30 Uhr „late lights“ beantragt, was bedeutete, dass man so lange aufbleiben konnte wie man wollte, allerdings auf seinem Zimmer bleiben und lernen musste.

Leider verstanden  mein roommate und ich, uns  nach einigen Wochen nicht mehr so gut und ich zog zum Ende des ersten Semesters, zu meiner besten Freundin Dara ins Zimmer. Von da an entwickelten sich die restlichen sieben Monate zu den schönsten und lustigsten meines ganzen Aufenthaltes!. Dara nahm mich jedes Wochenende mit nach Hause und schon nach wenigen Wochen fühlte ich mich als ein festes Mitglied ihrer Familie. Ihre Eltern sahen mich wie eine Tochter an, Dara war für mich wie eine zweite Schwester und sie unternahmen sehr viel mit mir.

 

Neben zahlreichen Familienfeiern, wie Thanksgiving und Geburtstagen, feierten wir Halloween zusammen, fuhren nach Washington D.C.,  drei Mal nach New York, unzählige Male nach Philadelphia, verbrachten Tage am Strand in Long Beach Island, besuchten vier Mal das Musical „Rent“ – u.a. auf dem Broadway, veranstalteten zahlreiche Movieabende im hauseigenen Kino und Whirlpoolparties im Garten.

Zum Anfang dieses Jahres, überredete mich Dara schließlich E-Guitarre in ihrer Band zu spielen. Obwohl ich am Anfang ein wenig skeptisch war, machte mir es schon nach kurzer Zeit großen Spaß. Mit der Band führten wir insgesamt vier Lieder im sogenannten „Coffee House“ auf. Das war ein von Lehrern und Schülern veranstalteter Musikabend, im Theater der Schule, wo jeder der Lust und Laune hatte etwas vorführen durfte, sei es tänzerisch oder musikalisch. „Coffee House“ war immer ein großer Spaß und brachte viel Abwechslung in den Alltag, in dem das Lernen und Arbeiten für die Schule, unglaublich viel Zeit in Anspruch nahm.

An Fächern hatte ich die beiden Pflichtfächer PreCalculus (Mathe) und US-History belegt.  Außerdem Honors Biology, Leistungskurs Französisch und selbstverständlich Englisch. An einem Kurs nahmen im Durchschnitt zwölf Schüler teil. Die Lehrer wurden generell beim Vornamen genannt, was am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig war. Aber aufgrund der geringen Schülerzahl und dadurch, dass ein Großteil der Lehrer auch auf dem Campus wohnte, kannte jeder jeden. Dies schuf eine besondere Atmosphäre an der ganzen Schule und ich denke es trug sehr dazu bei sich als Exchangestudent schnell einzuleben und wohl zu fühlen. 
 
Der Unterricht war vor allem insofern anders, dass wir als Schüler oft in Gruppen arbeiteten,  Vorträge hielten und wöchentlich zahlreiche Arbeiten und Tests schrieben. Zusätzlich erhielten wir Aufsätze und Aufträge für Powerpoint-Presentationen, so dass bei all der Arbeit während der Woche oft so gut wie keine Freizeit blieb.

Im letzten Semester wählte ich aus der großen Fächervielfalt Public speaking aus. In diesem Unterricht schrieben wir Schüler selbst Reden und trugen sie anschließend vor der Klasse vor. Nach 2½ Monaten Unterricht und zahlreichen Reden, die wir vor der Klasse hielten, kamen wir dann zu unserem „final exam“, bei dem wir eine selbst geschriebene 10-minütige Rede vor der ganzen Schule halten mussten. Es war ein tolles Erlebnis, genauso wie das Gefühl nach nur wenigen Monaten nur noch in Englisch zu denken und zu träumen.

 

Spätestens als ich diesen Punkt erreicht hatte, verging die Zeit  wie im Fluge und ehe ich mich versah, waren es nur noch wenige Wochen bis zum Abflug nach good old Germany. Dann fühlte ich das, was ich früher nie glauben wollte, wenn ehemalige Exchangestudents es mir erzählten: Ich geriet in ein Wechselbad der Gefühle, da ich mich zum einen sehr auf zu Hause freute, ich zum anderen aber auch in den USA bleiben wollte und dieses Jahr, in dem ich so viel erlebt und so viele nette Menschen kennen gelernt hatte, wie noch nie zuvor in meinem Leben, einfach nicht beenden wollte!

Von daher möchte ich jeden, der die Chance und den Wunsch hat ein Jahr in den USA zu verbringen, dazu ermutigen, denn es ist eine tolle und einmalige Erfahrung fürs Leben, die einem so viel gibt, was einem niemand mehr nehmen kann!

© 2005, Julia Bülling